Die gesetzliche Erbfolge: Das gilt ohne Testament

Das Gesetz geht davon aus, dass Du Deinen Angehörigen Dein Vermögen hinterlassen willst. Wenn Du also kein Testament geschrieben hast, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Wer erbt und wie viel dieser Mensch bekommt, richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis. Grundsätzlich gilt: Nähere Verwandte schließen dabei die weiter entfernten Verwandten von der Erbfolge aus.

Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten richtet sich nach dem sogenannten Ordnungssystem. Danach werden Verwandte in Ordnungen aufgeteilt:

Erst dann, wenn überhaupt kein Familienmitglied ermittelt werden kann, wird der Staat Erbe.

Sonderstatus Partnerschaft

Haben Partner*innen, die standesamtlich verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben, hinsichtlich des Güterstandes keine gesonderten Vereinbarungen (durch einen Ehe- oder Lebenspartnerschaftsvertrag) getroffen, gilt die Zugewinngemeinschaft. In diesem Fall erbt die überlebende Person:

Auch wenn Du ein Testament errichtet hast, steht bestimmten Personen der sogenannte Pflichtteil zu. Zu diesen Personen gehören Kinder und gegebenenfalls deren Nachkommen sowie Eltern. Ein Pflichtteil steht auch dem Menschen zu, mit dem die verstorbene Person verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft war.

Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge im Detail

1. Ordnung

Erbberechtigte erster Ordnung sind immer die Nachkommen der vererbenden Person. Lebt zum Zeitpunkt des Todesfalls ein Kind, erbt es neben dem Menschen, der mit der verstorbenen Person verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft war. Leben mehrere Kinder, teilen diese das ihnen zustehende Erbteil unter sich auf.

Sind die Kinder der vererbenden Person bereits verstorben, treten an ihre Stelle die Enkelkinder als Erbende ein. Bei mehreren Enkelkindern erben diese wiederum anteilig. Ist ein Kind von mehreren Geschwistern bereits verstorben, geht der Erbanspruch dieses Kindes auf die Enkelkinder über.

Beispiel

Hans-Jürgen Ullrich, Witwer und Vater von drei Kindern, stirbt mit 91 Jahren.

Seine erste Tochter, 70 Jahre, erhält ein Drittel des Nachlasses, ihre Kinder und Enkel bekommen nichts.

Das zweite Kind, ein Sohn, ist bereits mit 60 Jahren gestorben, er hat aber vier Kinder, die alle noch leben. Sie erhalten zu gleichen Teilen sein Drittel des Nachlasses.

Das dritte Kind des Erblassers hat zu Lebzeiten eine uneheliche Tochter bekommen, ist selbst jedoch bereits verstorben. Diese uneheliche Tochter erhält ein Drittel des Erbes.

2. Ordnung

Erbberechtigte zweiter Ordnung sind immer die Vorfahren der vererbenden Person und deren Nachkommen. Hatte der*die Verstorbene keine Kinder oder sind diese schon vorher gestorben, ohne selbst Kinder zu haben, kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zuge. Das sind die Eltern und deren Nachkommen, also die Geschwister der verstorbenen Person.

Beispiel

Horst Meier war nicht verheiratet, hatte keine Kinder und von seinen Eltern lebt nur noch der Vater.

Der Verstorbene hatte drei Geschwister: einen Bruder, eine bereits gestorbene Schwester und einen Halbbruder aus der zweiten Ehe der bereits verstorbenen Mutter. Seine verstorbene Schwester hatte zwei Kinder.

Da der Erblasser keine Kinder hatte, sind keine Erb*innen erster Ordnung vorhanden. Es erben die Personen in der zweiten Ordnung: die Eltern und die Geschwister.

Der Vater erhält die Hälfte des Nachlasses. Anstelle der Mutter erhalten ihre Nachfahren ihre Hälfte des Nachlassers. Horsts Halbbruder und Bruder erben je 1/6. Da die Schwester bereits gestoben ist, wird ihr Anteil zwischen ihren Nachfahren aufgeteilt. Der Neffe und die Nichte des Verstorbenen erben somit je 1/12.

Nach dem Gesetz entsteht in diesem Beispiel eine Erbengemeinschaft mit fünf erbenden Personen.

3. Ordnung

Es gibt selten Erbfälle, bei denen sehr weit entfernte Verwandte erben. Das ist möglich, wenn der verstorbene Mensch keine eigenen Kinder oder Enkel hinterlässt und auch die Eltern bereits verstorben sind. Zudem leben weder Geschwister noch Nichten oder Neffen.

Erst dann kommen die sogenannten Erbenden dritter Ordnung zum Zuge. Die Erbschaft fällt den Großeltern und deren Nachkommen zu. Ist ein Großelternteil bereits verstorben, treten die Nachkommen, also die Tanten und Onkel der vererbenden Person und deren Nachkommen, die Cousins und Cousinen, an die Stelle des verstorbenen Großelternteils.

Beispiel

Die alleinstehende Ärztin Ursula Schmidt stirbt im Alter von 85 Jahren und hinterlässt eine Immobilie, Bargeld und eine Kunstsammlung.

Das Nachlassgericht findet zunächst keine Erb*innen und forscht in der Familiengeschichte. Erst in der dritten Ordnung wird das Gericht fündig.

Die Großeltern hatten zwei Töchter, die wiederum jeweils eine Tochter hatten. Diese zwei Cousinen der Verstorbenen sind ebenfalls schon tot. Doch eine der beiden hatte einen Sohn.

Dieser 29-jährige Mann wird alleiniger Erbe der verstorbenen Ärztin, auch wenn sie von der Existenz dieses entfernteren Verwandten nichts wusste.

Erst wenn überhaupt kein Familienmitglied ermittelt werden kann, wird der Staat Erbe.

Sonderstatus Partnerschaft

Menschen, die standesamtlich verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, haben einen zusätzlichen Erbanspruch.

Gibt es erbberechtigte Nachkommen der verstorbenen Person, steht dem*der Überlebenden in der Regel ein Viertel des Erbes zu.

Ohne Nachkommen, aber mit weiteren Angehörigen, ist es die Hälfte. Gibt es Vereinbarungen im Rahmen eines Ehe- oder Lebenspartnerschaftsvertrages, gelten besondere Regeln. Wurden keine Vereinbarungen getroffen, gilt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der pauschal mit einem Viertel des Erbes zusätzlich berechnet wird.

Beispiel 1

Sandra Schmitt stirbt und hinterlässt ihren Ehemann Paul Petersen und die zwei Kinder Alma und Henry.

Die Eheleute haben keinen Ehevertrag geschlossen und lebten deshalb in einer Zugewinngemeinschaft. Es gibt kein Testament, auch kein gemeinsames Berliner Testament.

Paul erbt nach dem Gesetz die Hälfte, Alma und Henry je ein Viertel.

Beispiel 2

Laura und Sarah leben in einer eingetragenen Partnerschaft. Das Paar hat ein eigenes Haus gekauft. Laura kommt bei einem Verkehrsunfall ums Leben und hat kein Testament hinterlassen. Die Partnerinnen hatten keinen Lebenspartnerschaftsvertrag geschlossen und lebten deshalb in einer Zugewinngemeinschaft. Sie hatten keine Kinder.

Sarahs allgemeiner Erbteil beträgt die Hälfte, da da es noch Verwandte der zweiten Ordnung gibt – Lauras Eltern.

Damit der während der Partnerschaft erzielte Zugewinn der verstorbenen Person zugunsten von Sarah berücksichtigt werden kann, wird deren Erbteil um ein weiteres Viertel pauschal erhöht. Das ist die sogenannte „erbrechtliche Lösung”. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der während der Partnerschaft erzielte Zugewinn auch im Todesfall der überlebenden Person zusteht.

Der danach verbleibende Erbteil wird auf die erbberechtigten Verwandten Lauras aufgeteilt. Die Eltern erhalten das verbleibende Viertel.

Sarah muss das Haus verkaufen, um Lauras Eltern den rechtmäßigen Anteil an dem Erbe auszuzahlen.

Habe ich einen Einfluss auf die gesetzliche Erbfolge?

Wenn Du selbst bestimmen möchtest, wen Du mit Deinem Nachlass bedenken willst, solltest Du ein Testament errichten. Mit einem Testament kannst Du die gesetzliche Erbfolge beliebig abändern. Dies gilt jedoch nicht für etwaig bestehende Pflichtteilsansprüche.

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